
Ganz Deutschland und Europa ist momentan im Fußball-EM-Fieber. Vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 findet nämlich die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland statt. Das zweite Mal nach 1988, als man unglücklich im Finale verlor. Dort möchte auch unsere deutsche Nationalmannschaft wieder hin und am liebsten sogar als Europameister das Turnier beenden. Doch wie kam es eigentlich dazu, dass die EM in Deutschland durchgeführt wird? Und wie teuer ist der ganze Spaß?
Dreimal hat die deutsche Nationalmannschaft schon die Europameisterschaft gewonnen und ist damit gemeinsam mit Spanien Rekordsieger dieses Turniers. Seit 1960 wird alle vier Jahre der Meister in Europa unter den Nationalmannschaften gekürt. Die Historie ist im Vergleich zur Weltmeisterschaft 30 Jahre jünger, dafür aber keineswegs uninteressanter. Nach zuletzt drei verkorksten Turnieren möchte in diesem Jahr auch die deutsche Nationalelf unter Julian Nagelsmann das Land mit starkem Fußball begeistern und das große Ziel „Europameister“ verfolgen. Im Fußball geht es aber zumeist nicht nur um das Spiel, sondern auch sehr oft um das Thema GELD. So auch bei dieser Europameisterschaft.
Ich möchte im Folgenden zeigen, wie die Fußball-Europameisterschaft nach Deutschland kam und welche hohen Investitionen die vielen Spielorte für das Turnier tätigen mussten. Welchen Nutzen hat die EM und wie ist das finanzielle Risiko einzuordnen? Das soll geklärt werden.
Wie kam die EM nach Deutschland?

Dafür müssen wir einen Sprung zurück ins Jahr 2018 machen. Bis zum 27. Juli 2018 konnten die europäischen Nationen ihre Bewerbung für die UEFA EURO 2024 an die Union of European Football Associations (UEFA) einreichen. Die einzigen Nationen, die ihre vollständigen Unterlagen einreichten, waren Deutschland und Türkei. Vielmehr waren es die Fußballverbände der beiden Länder. Anschließend tagte das UEFA-Exekutivkomitee und bestimmte am 21. September 2018 mit 12:4 Stimmen Deutschland als Ausrichter der diesjährigen Europameisterschaft (FAZ, 2018).
Am Ende entschied laut der UEFA die „inspirierende, kreative und sehr professionelle Vision“ in der Bewerbung Deutschlands. Auch die Türkei hatte eine gute Bewerbung. Ihr fehlte allerdings ein Aktionsplan in Sachen Menschenrechte, was vom Komitee als problematisch angesehen wurde. Hinzu kamen die wirtschaftlichen Entwicklungen in der Türkei, sodass die öffentlichen Investitionen als fraglich eingeschätzt wurden. Ein weiterer Pluspunkt war die höhere Stadionauslastung in Deutschland, sodass der Weg zur Ausrichtung der EM frei war (FAZ, 2018).
Wie kamen die Spielorte zustande?

Ein Teil der Bewerbungsunterlagen war auch die Festsetzung der Spielorte. Schon 2017 mussten interessierte Standorte eine Interessensbekundung beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) einreichen. Insgesamt waren es 18 Orte, die die Fußball-EM hätten ausrichten wollen. Ein Kriterium seitens der UEFA war die Mindest-Stadionkapazität von 30.000 Plätzen. Aus diesem Grund fiel Dresden mit nur 25.000 Plätzen schon raus. Freiburg, Karlsruhe und Kaiserslautern zogen im weiteren Verfahren ihre Bewerbung zurück. Somit blieben 14 Orte übrig, die anschließend vom DFB-Präsidium anhand klar definierter Kriterien beurteilt wurden (DFB, 2017).
Unterteilt in die Oberkategorien Gesamtkonzept, Infrastruktur und Operative Tätigkeiten gab es 12 Faktoren, die bei den Städten bewertet worden. Jeder Faktor hatte eine unterschiedliche Gewichtung. Zum Beispiel zog der Faktor „Stadion“ mit einer Gewichtung von 25 % ins Ranking ein und die politischen, sozialen sowie nachhaltigen Aspekte mit 5 %. Am Ende landete Berlin auf Platz 1, gefolgt von München und Düsseldorf. Nürnberg, Hannover, Mönchengladbach und Bremen flogen raus (DFB, 2017).

Ein lukratives Geschäft (für die UEFA)
Die UEFA spricht von einer Rekord-Europameisterschaft und einem Gewinn in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. Allein der Verkauf der TV-Rechte bringt dem Fußballverband 1,1 Mrd. Euro ein. Hinzu kommen viele weitere Millionen durch Sponsoring, Ticket-Verkäufe und VIP-Pakete (Nahar, 2024). Das liest sich gar nicht mal so schlecht. Der Ausrichter Deutschland bleibt hingegen auf den Kosten sitzen und bekommt nichts vom großen Kuchen ab. Stattdessen musste man der UEFA noch Steuern überlassen. Normalerweise müssen ausländische Verbände in Deutschland 15 % Körperschaftssteuer zahlen. Die UEFA forderte ein, diese nicht zu bezahlen. Im Gegenzug würde der DFB auch das Turnier erhalten. Dadurch spart sich die UEFA ca. 250 Mio. Euro an Steuern und erzielt einen höheren Gewinn (Hesch et al., 2024).
Letztendlich tragen die Städte und damit auch die Steuerzahlenden die Kosten und Risiken der Veranstaltung. Wer sich gerne einmal den Vertrag zwischen der Stadt Dortmund als „Host City“ mit der UEFA ansehen möchte, kann unter FragDenStaat nachschauen (FragDenStaat, 2024). Ein weiterer großer Kostenpunkt sind die Fanmeilen, die in Köln ein Drittel der Gesamtkosten ausmachen und in Berlin ein Viertel. Hinzu kommt die Gewährleistung der Sicherheit, zusätzliches Personal in der Verwaltung und für die Mobilität sowie Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Wobei z. B. das große Tor samt Kunstrasenplatz vor dem Brandenburger Tor in Berlin alles andere als nachhaltig ist. Allein diese Fanmeile kostet ca. 24 Mio. Euro (Hesch et al., 2024).
Städte mit immens hohen Investitionen
Die Städte mussten im Vorfeld der EM 2024 hohe Investitionen tätigen. Vor allem die Stadien sollten auf den neuesten Stand gebracht werden und so investierte die Stadt Stuttgart fast 60 Mio. Euro in ihr Stadion. Die ursprüngliche Kalkulation aller Städte lag im Jahr 2017 noch bei 140,7 Mio. Euro. Tatsächlich haben sich die aktuellen Gesamtkosten mit 295 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Während man in München sogar mit weniger Kosten als geplant rechnet, haben sich diese in Berlin und Frankfurt am Main fast verdoppelt (Friebe, 2024).

Natürlich waren im Jahr 2017 vor der Bewerbung die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der energie- bzw. inflationsbedingten Preissteigerungen nicht vorhersehbar. Allein aus diesem Grund hat die Stadt Stuttgart erst gar keine Preiskalkulation gemacht. Doch schon bei der EM 2016 in Frankreich mussten die Städte immense Mittel in ihre Stadien stecken, um die Kriterien der UEFA zu erfüllen. Heute kann man klar feststellen, dass sich viele französische Städte übernommen haben und immer noch auf hohen Schulden sitzen (Friebe, 2024). Doch warum nehmen die deutschen Städte die hohen Ausgaben trotzdem in Kauf?
Nutzen der Fußball-EM
Normalerweise ist der ökonomische Mehrwert einer Sportgroßveranstaltung sehr gering. Zu viele Kosten, zu wenig Einnahmen. Doch in Berlin und München geht man von Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich aus, was die Ausgaben deutlich übersteigen könnte. Grund zur Hoffnung sind die Touristen aus ganz Europa, die viel Geld in die Kassen spülen sollen. Die Stadt Düsseldorf setzt außerdem auf einen Imagewinn. Schließlich verfolgen über 5 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt die Fußballspiele (Hesch et al, 2024).
Betrachten wir das Ganze mal abseits des Finanzgeschehens, dann profitiert natürlich auch die Bevölkerung in Deutschland und Europa von der Europameisterschaft. Die Menschen treffen sich schon vor den Spielen in Parks oder auf Hauptstraßen und feiern gemeinsam vier Wochen lang das Turnier. Hinzu kommt, dass die Nationalmannschaften öffentliche Trainings anbieten und sich so ganz nah den Bewohnern und Bewohnerinnen vor Ort zeigen. Nach nunmehr zwei Wochen Fußball ist die Euphorie immernoch groß, zumal der Gastgeber Deutschland auch noch im Turnier ist. Dennoch muss man sagen, dass das finanzielle Risiko für vier Wochen Fußball immens ist. Während die UEFA ordentlich abkassiert, müssen die Städte für alles andere sorgen. Ob da die Gelder der Touristen alles ausgleichen, bleibt abzuwarten.
Quellen:
Deutscher Fußball-Bund. (2017). 18 Städte und Stadien bekunden Interesse an EURO 2024. Aufgerufen am 27.06.2024 unter https://www.dfb.de/news/detail/18-staedte-und-stadien-bekunden-interesse-an-euro-2024-162170/
Deutscher Fußball-Bund. (2017). DFB-Anforderungen aus UEFA-Requirements. Aufgerufen am 27.06.2024 unter https://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/150274-POWERPOINT-CHARTS.pdf
FragDenStaat.de. (2024). Verträge UEFA EURO 2024. Aufgerufen am 27.06.2024 unter https://fragdenstaat.de/dokumente/sammlung/159-vertraege-uefa-euro-2024/
Frankfurter Allgemeine Zeitung. (2018). 1:0 für Deutschland gegen die Türkei. Aufgerufen am 27.06.2024 unter https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball-em-2024-deutschland-punktet-bei-der-bewerbung-15799704.html
Friebe, M. (2024). Das Geschäft der UEFA. Steuerfreiheit, Blankoschecks und Risiken für die Host Cities. Aufgerufen am 27.06.2024 unter https://www.deutschlandfunk.de/euro-2024-gelder-uefa-100.html
Hesch, S., Sachse, J. & Wurster, T. (2024). Kostenexplosion vor Fußball-EM: Deutschland muss immer mehr zahlen. Aufgerufen am 27.06.2024 unter https://correctiv.org/aktuelles/wirtschaft/2024/06/06/kostenexplosion-fussball-em-deutschland-2024/
Nahar, C. (2024). Die Einnahmen der UEFA, die Kosten der Städte – und was mit dem Geld passiert. Aufgerufen am 27.06.2024 unter https://www.sportschau.de/fussball/uefa-euro-2024/die-einnahmen-der-uefa-die-kosten-der-staedte-und-was-mit-dem-geld-passiert,em-2024-geld-kosten-100.html

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