Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Neben den Flüchtlingsbewegungen aus den Kriegsgebieten oder der schwächelnden Wirtschaft ist der demografische Wandel eines der prägenden Diskussionsthemen. Deutschland wird immer älter. Jede zweite Person in Deutschland ist heute älter als 45 und jede fünfte Person sogar älter als 66 Jahre (Statistisches Bundesamt, 2023). Die Anzahl der 65-Jährigen und älteren Menschen ist von 12 Millionen (1991) auf 18,7 Millionen (2022) um ca. 59 % angestiegen (Statistisches Bundesamt, 2023). Wo soll das in den nächsten 10, 15 Jahren noch hinführen? Wie gehen wir als Sportvereine mit dem Thema um? Und hat der demografische Wandel auch Chancen für den Sport?
Gerade im ländlichen Raum, wie z. B. in der Uckermark, Prignitz oder Mecklenburgischen Seenplatte, ist der Wandel am stärksten zu spüren. Die Alterung der Kleinstädte oder Gemeinden ist kaum zu übersehen und stellt kleine Kommunen vor großen Herausforderungen. Hinzu kommt die Abwanderung von jungen Leuten, denen es nach dem Abitur oder der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung in die Großstadtregionen zieht, wo es attraktive Studien- und Arbeitsplätze gibt. Diese Entwicklungen werden auch in Zukunft zunehmen, sodass z. B. die Uckermark mit derzeit ca. 118.000 Einwohner nach aktuellen Prognosen in den nächsten 10 Jahren unter die 100.000-Einwohner-Marke rutscht (Kreisverwaltung Uckermark, 2024). Ziemlich düstere Aussichten.
Auch der Sport muss Antworten auf den demografischen Wandel finden. Der Deutsche Olympische Sportbund hat dies schon vor Jahren erkannt und verschiedene Initiativen wie SPORT PRO GESUNDHEIT, Richtig fit ab 50 oder Verein(t) gegen Einsamkeit ins Leben gerufen (DOSB, 2024). Leider gehen diese Programme oftmals unter, da der DOSB eine unübersichtliche Programmlandschaft hat und andererseits Vereine mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben. Gerade bei Vereinen im ländlichen Raum fehlen die Ressourcen, um sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. So bleibt der Fußballverein im Dorf ein reiner Fußballverein, der um den Nachwuchs kämpft und bald keine Mannschaften mehr stellen kann.
Damit das nicht passiert und es gar nicht erst so weit kommt, werde ich im Folgenden auf die Chancen des demografischen Wandels eingehen und Erfolgsfaktoren aufzeigen, damit ihr euch als Sportverein oder Sportverband weiterentwickeln könnt.
Barrieren abbauen
Jede vierte Person über 64 Jahre in Deutschland ist schwerbehindert (Statistisches Bundesamt, 2022). Ein interessanter Fakt, der unbedingt berücksichtigt werden muss von der Sport- und Stadtentwicklung. Barrierefreiheit ist nicht nur für Menschen mit Behinderung sehr wichtig, sondern auch für die immer älter werdende Bevölkerung. Das gilt sowohl für die baulichen Barrieren als auch für die gedanklichen Hürden. Gut zugängliche Sportstätten, gute Beleuchtung von Wegen oder leichte Sprache nützt ja nicht nur den benachteiligten Menschen (Aktion Mensch, 2024). Es nützt am Ende uns allen.
Damit wir allen Menschen zum Sport und zur Bewegung bringen, ist es so wichtig, die bestehenden Barrieren zu erfassen und anschließend Barriere für Barriere abzubauen. Das fängt bei den Ein- bzw. Ausgängen der Sportstätte an und hört beim Zustand des Hallenbodens oder der Tartanfläche auf. Das kann am Ende jeder Verein machen und anschließend mit dem Ergebnis zur Kommunalverwaltung gehen, um dort Druck zur Weiterentwicklung der Sportstätten auszuüben. Man muss auf die Mängel aufmerksam machen und in Zusammenarbeit mit den Kommunen die Barrieren beseitigen.
Bedarfsorientierte Angebote schaffen
Bevor man Sport- und Bewegungsangebote für eine bestimmte Zielgruppe unterbreitet, sollte man zunächst einmal die Zielgruppe nach ihren Bedarfen fragen. Geht aktiv auf die Senioren und Seniorinnen zu und fragt nach den Wünschen oder Interessen. Sprecht aktiv eure Mitglieder an, wer sich als Betreuer oder Betreuerin zur Verfügung stellt und die Bedarfsanalyse übernimmt. Achtet außerdem auf kostengünstige Angebote, sodass ihr auch Menschen aus sozial schwachen Haushalten erreicht. Gerade diese Personengruppen benötigen besonders viel Gesundheits- und Bewegungsförderung.
Die beliebtesten Sportarten in Deutschland sind nicht etwa Fußball und Handball, sondern Radfahren, Spazieren gehen und Schwimmen. Diese Sport- und Bewegungsformen gehen immer und überall und kosten im Grunde genommen nichts (außer den Mitgliedsbeitrag). Die wichtigsten Motive bei Senioren und Seniorinnen sind das Erlebnis von Gemeinschaft und das körperliche, seelische und psychische Wohlbefinden. Allein durch eine Wanderung und anschließenden Gesprächen in lockerer Runde ist schon sehr viel getan.
Gesundheitssport anbieten
Die Rubrik „Gesundheitssport“ hat sich in den letzten Jahrzehnten immer stärker entwickelt und erfreut sich einer hohen Nachfrage. Nicht nur, weil uns die Gesundheit am Herzen liegt, sondern vor allem aufgrund der steigenden Gesundheitsgefährdungen in unserem Alltag. In einigen meiner Beiträge habe ich bereits über die lebensstilbedingten Risiken oder Verhaltensauffälligkeiten durch Bewegungsmangel berichtet. Mittlerweile haben schon einige Sportvereine sogenannte Herz-Kreislauf-Sportgruppen ins Leben gerufen oder bieten Rehabilitationssport an. Die Nachfrage ist riesig, doch fehlen oftmals neue Übungsleiter und Übungsleiterinnen, um weitere Gruppe zu eröffnen.
Gesundheitssport wird auch in den nächsten Jahren immer größer werden. Gerade im ländlichen Raum in den Dörfern bietet sich der Sport förmlich an. Das Gute ist auch hier, dass man niedrigschwellige Angebote umsetzen kann und nicht viel Platz benötigt. Vielleicht könnt ihr ja den Versammlungsraum des Dorfes nutzen oder die Badestelle am See. Es benötigt auch ein wenig Kreativität, um Sport- und Bewegungsangebote umzusetzen.
Kooperationen eingehen
In Deutschland gibt es ca. 87.000 Sportvereine. 63 % dieser Vereine sind Kleinstsportvereine, also Vereine mit weniger als 100 Mitgliedern. Das sind meistens Sportvereine mit nur einer Abteilung und einer Sportart. Demzufolge sind die Mittel an Geld oder Personal natürlich sehr begrenzt. Man sollte sich dann als Verein hinterfragen, ob man weiterhin den geschlossenen Kreis beibehalten möchte oder evtl. weiterwachsen möchte. Als Optimisten wollen wir natürlich jeden oder jede zum Sport holen und Teil der Sportfamilie werden lassen. Ich denke, da sind wir uns einig. Doch wie kann ich nun mehr Menschen ein bedarfsorientiertes Sport- und Bewegungsangebot zur Verfügung stellen, wenn ich wenig Ressourcen habe?
Eigentlich ist die Lösung ganz simpel, indem wir mit anderen Sportvereinen oder sozialen Einrichtungen kooperieren. Durch die Zusammenarbeit kann man sich den Aufwand teilen und ein Angebot schaffen. Dabei ist es wichtig, dass Sportvereine, Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen oder Jugendclubs öffentlich zeigen, dass sie offen für eine Kooperation sind. Natürlich hat jeder seine eigenen Ziele. In den ersten Gesprächen muss man schauen, wo und was man gemeinsam auf die Beine stellen kann und was möglich ist. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel sind Kooperationen eine sehr gute Lösung, um geraden den Sport in ländlichen Regionen weiterzuentwickeln.
Demografischen Wandel als Chance sehen
Leider wird der demografische Wandel in der Öffentlichkeit immer negativ betrachtet und als Herausforderung bewertet. Die Chancen und Entwicklungspotenziale für den Sport gehen dabei vollkommen unter und werden nicht berücksichtigt. Genau das muss sich ändern. Am Ende ist es immer eine Frage der Einstellung. Ist das Glas halb leer oder halb voll? Wir Sportler und Sportlerinnen sind doch sowieso Optimisten. Demzufolge macht es doch extrem viel Sinn das Positive zu sehen und nach vorne zu schauen.
Durch die alternde Bevölkerung tun sich so viele Chancen auf. Gerade für ältere Menschen ist Gemeinschaft das A und O. Wieso nicht neue Angebote schaffen, wie z. B. Nordic Walking, Wandern, Radfahren in Gruppen? Anschließend vielleicht im Klubraum Kaffee trinken und gemeinsam plaudern. Habt ihr evtl. nicht die nötigen Ressourcen oder Wissen dafür? Dann arbeitet doch mit Senioreneinrichtungen oder Freizeiteinrichtungen zusammen und entwickelt gemeinsam Angebote. Es gibt soviele Möglichkeiten, die mit dem demografischen Wandel einhergehen. Man muss nur sie sehen und anschließenden in die Tat umsetzen.
Quellen:
Aktion Mensch e.V. (2024). Barrierefreiheit – was heißt das? Aufgerufen am 04.04.2024 unter https://www.aktion-mensch.de/dafuer-stehen-wir/was-ist-inklusion/barrierefreiheit-bedeutung
Deutscher Olympischer Sportbund. (2024). Angebote. Aufgerufen am 04.04.2024 unter https://gesundheit.dosb.de/angebote
Kreisverwaltung Uckermark. (2023). Landkreis Uckermark. Zahlenspiegele 2023. Aufgerufen am 03.04.2024 unter https://www.uckermark.de/output/download.php?fid=3615.982.1.PDF
Statistisches Bundesamt. (2023). Ältere Menschen. Die Bevölkerungsgruppe der älteren Menschen ab 65 Jahren. Aufgerufen am 03.04.2024 unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/Aeltere-Menschen/bevoelkerung-ab-65-j.html
Statistisches Bundesamt. (2023). Demografischer Wandel. Aufgerufen am 04.04.2024 unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/_inhalt.html
Statistisches Bundesamt. (2022). Behinderte Menschen. Aufgerufen am 04.04.2024 unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/_inhalt.html

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